Mieter in Harbke sauer: Ihnen sollte das Wasser abgedreht werden
Was passiert eigentlich, wenn ein Vermieter seine Wasserrechnung nicht bezahlt? Erlebt haben das jetzt Mieter im Landkreis Börde.
In der Friedrichstraße 5 in Harbke saß der Schreck tief: Als die Bewohner kürzlich in ihre Briefkästen schauten, fanden sie dort eine Wurfsendung des Trink- und Abwasserverbandes (TAV) Börde. Auf dem Zettel stand: Achtung, die Wasserversorgung für das gesamte Gebäude wird auf unbestimmte Zeit eingestellt. Der Grund: Der Vermieter hatte die Wasserrechnung des TAV nicht bezahlt.
Wie Mieter Wilfried Neitzel berichtet, hat man sich im Haus über den „Zettel“ etwas gewundert. „Keine Anschrift, keine persönliche Ansprache, das hätte ja von sonst wem stammen können. Man hört ja immer wieder von ungewöhnlichen Betrugsmaschen.“ Wilfried Neitzel ruft im Namen der 15 Mieter beim TAV an und fragt nach. Dort sagt man ihm, dass die ganze Sache stimmt. Der Vermieter (mit Sitz in den Niederlanden) wurde mehrfach angemahnt, habe nicht reagiert, folglich müsse die Wasserlieferung vom TAV eingestellt werden. „Das war ein Ding“, sagt Wilfried Neitzel. Als Erstes ruft er vorsichtshalber Familienmitglieder an, dass die für ihn Wasser in Kanistern sammeln. Immerhin warnen die Wetterdienste gerade vor großer Hitze. Und dann ohne Wasser? Auch den Ortsbürgermeister kontaktiert Wilfried Neitzel. Der rät, erst einmal Ruhe zu bewahren. Was sich dann auch als richtig erweist. Denn zwischenzeitig hat der Vermieter die ausstehende Wasserrechnung bezahlt.
Aber wie ist in solchen Fällen eigentlich der Ablauf, bis der Wasserhahn vom TAV zugedreht wird, und welche Rollen spielen dabei die Mieter, die von nichts wissen?
Vinny Zielske, Geschäftsführerin des TAV, gibt Auskunft.„Solche Wurfsendungen als Information für die Mieter gehören bei uns zum normalen Ablauf“, sagt die Geschäftsführerin. Damit werde versucht, über die Mieter Druck auf den säumigen Vermieter auszuüben. Es gebe ein normales Mahnverfahren. Bezahlt jemand seine Wasserrechnung nicht, wir er mehrfach angemahnt. „Wird auf unsere Mahnungen nicht reagiert, machen wir ernst. Das ist auch in unserer Satzung so geregelt“, sagt Vinny Zielske. Sind Mieter davon betroffen, werden die vorher informiert. Mit Aushängen und Postwurfsendungen. Dabei ist anzumerken, dass die rund 22000 Kunden des TAV im großen und ganzen verlässliche Rechnungsbezahler sind. Pro viertel Jahr müsse im Schnitt nur ein Mal die Wasserzufuhr wegen ausbleibender Zahlungen tatsächlich eingestellt werden.
Was die betroffenen Mieter angeht, ist die Sache etwas komplizierter. „Wir haben immer nur einen Abnehmer pro Hausanschluss, mit dem wir einen Vertrag abschließen“, erklärt Vinny Zielske dazu. Konkret heißt das, dass mit den Mietern eines Mehrfamilienhauses keine geschäftlichen Beziehungen bestünden, sondern nur mit dem Hauseigentümer oder Vermieter. Darum könne man aus Datenschutzgründen die Mieter auch nicht umgehend informieren, wenn es zu Zahlungsproblemen mit ihrem Vermieter kommt. Man würde dann Geschäftsinterna öffentlich machen, was natürlich nicht erlaubt sei. Auch könne man betroffenen Miete nicht wirklich beraten, was sie tun könnten, um Druck auf den säumigen Vermieter auszuüben. Denn das wäre wiederum eine Rechtsberatung, was aber nicht zu den Aufgaben eines Trinkwasserversorgers gehöre. Das sei Rechtsanwälten und entsprechenden Organisationen vorbehalten.
Allerdings ist auch klar, dass die Wasserversorgung zur sogenannten Daseinsvorsorge gehört und Menschen in Deutschland nicht einfach der Zugang zu Trinkwasser verwehrt werden kann. „Wir bemühen uns in solchen Fällen dann immer, zusammen mit den Betroffenen eine Lösung zu finden“, sagt Vinny Zielske.
Die Postwurfsendung sei im Grund ein erster Schritt in diese Richtung, denn die Mieter könnten tatsächlich Druck auf ihren Vermieter ausüben, etwa, in dem sie die monatliche Wasser- und Abwasserpauschale einbehalten. Und in dem sie einen Rechtsanwalt einschalten.
Text: Peter Ließmann - Volksstimme